Leclair ‎– Concerti per Violino volume 2

Jean-Marie Leclair – Concerti per Violino volume 2

Leila Schayegh (violin and direction)
La Cetra Barockorchester Basel

Release: November 2019

With a quartet of violin concertos by Jean-Marie Leclair, Leila Schayegh continues her exploration of the instrument’s repertory, combining musical insight, virtuosic brilliance and historical understanding. Leclair, who grew up in Lyon and studied in Turin before moving to Paris (he held a short-lived official post at Louis XV’s court in the 1730s) produced solo sonatas (and duos) as well as his acclaimed concertos.

In her booklet notes, Leila Schayegh, who currently teaches Baroque violin at the Schola Cantorum Basiliensis, comments on how Leclair – an outstanding violinist himself – was in thrall to the Italian instrumental style but was concerned that his music should not be played too fast; he was praised for his netteté, a combination of impeccable technique and musical perfection.

This second volume in Schayegh’s projected series of recordings of the Leclair violin concertos embraces the Nos 1 and 3 works from the two six-concerto series of Opp 7 and 10. For this dazzling new exhibition of the Swiss violinist’s art, Schayegh – who plays a late-seventeenth-century Andrea Guarneri instrument – directs Basel’s La Cetra Barockorchester, which features Eva Saladin as its Konzertmeisterin and Christoph Rudolf as a further principal violinist (Leclair’s concertos often called for up to three soloists).

Reviews

Grenzgänge

Leila Schayegh und La Cetra Barockorchester Basel finden einen idealen Ton und Ansatz für Jean-Marie Leclair und seine konzertanten französisch-italienischen Grenzgänge.

Im zweiten Teil ihrer im vergangenen Jahr unter dem Lob der Kritik begonnenen Gesamteinspielung der beiden Sammlungen von Violinkonzerten aus der Feder von Jean-Marie Leclair hat die Geigerin Leila Schayegh jetzt bei Glossa ein Programm jeweils mit den Nummern eins und drei aus opp. 7 und 10 vorgelegt. Diese 1739 und 1743 veröffentlichten Konvolute sind reife Kompositionen von besonderem Charakter. Gespiegelt findet sich die Eigenart schon in den Titeln, die in einer kuriosen Mischung aus französischer und italienischer Sprache deutlich machen, an welcher Bruchstelle europäischer Instrumentalmusik jener Zeit Leclair sich bewegte: Sein Stil trägt beide Traditionen in sich, das Domestizierte, Abgezirkelte, Kontrollierte der französischen Tradition ebenso wie das frisch Auffahrende, Rigorose, direkt auf den blanken Effekt Zusteuernde, das italienischen Konzerten der Zeit zu eigen ist.

Beides steht bei Leclair durchaus nicht isoliert nebeneinander, sondern wirkt tatsächlich integriert. Und es bietet in technischer Hinsicht über weite Strecken mehr echtes Virtuosenfutter als der vielleicht zeittypischere, in jedem Fall ungleich populärere Vivaldi. Die Sätze sind gespickt mit Höchstschwierigkeiten, die in Ästhetik und Setzweise der Musik eingewoben sind und nie appliziert wirken. Daneben, oder besser darunter hat der Orchestersatz Substanz und behauptet eine überraschende Eigenständigkeit. In manchen Situationen gemahnt er von Ferne an die einschlägige Idiomatik von Carl Philipp Emanuel Bach, mit zerklüfteten, abgerissenen Figuren und scharf konturierten Gesten; immer wieder auch lassen sich geradezu galante Töne hören.

Famose Instrumentalisten

Leila Schayegh hat die Latte mit der ersten Platte ihres Leclair-Zyklus hoch gelegt und bestätigt ihre üppigen Qualitäten auch mit dem zweiten Streich eindrücklich: Sie ist eine unangefochtene Virtuosin, vor allem Barockfach vielfach bewiesen. Sie spielt ihre Guarneri mit komplettem, konzentrierten Ton und schüttet ein Füllhorn geigerischer Techniken gelassen aus. Blitzsauberes Passagenwerk ist zu hören – virtuos gewiss, aber nicht mit äußerlich prunkender Geste, sondern erkennbar aus Leclairs Satz heraus motiviert. Verzierungen werden vernehmlich aber mit Maß platziert – sie bereichern das Bild, ohne zu dominieren. Die Intonation bleibt auch in flirrend virtuoser Kleinteiligkeit ohne Trübung, Tempoausbrüche ergeben sich aus der Rasanz mancher Solopassage. Die Artikulation ist motorisch getrieben, wird aber auch linear gedacht, was edler Adagio-Kunst in den Mittelsätzen den Weg bereitet.

Mit dem La Cetra Barockorchester Basel steht Leila Schayegh ein starker Partner zur Seite: Auch hier setzt sich in mancher rhythmisch perfekt harmonisierten Passage das Moment des auf subtile Weise Virtuosen fort. Die Begleithaltung ist selbstbewusst, wirkt prägnant und knackig, sonor und frisch. In den lyrischen Mittelsätzen finden sich angemessen fahle und mürbe Töne. Das technische Klangbild ist berstend plastisch, klar in Struktur und Balance, bei aller Konzentration reich an Substanz: Es bildet die Musik – gekrönt vom Raum – kongenial ab. Leila Schayegh und La Cetra Barockorchester Basel finden einen idealen Ton und Ansatz für Jean-Marie Leclair und seine konzertanten französisch-italienischen Grenzgänge. Vor allem mit Blick auf die nicht reich bestückte Diskografie ein hochklassiges und verdienstvolles Projekt.

 Dr. Matthias Lange, Klassik.com, 20 April 2020